Anmerkungen zu den totalitären Maßnahmen gegen mich heute beim Freiheitsmarsch in Erbach

Am heu­ti­gen Tag wur­de ich, bevor sich in Erbach der „Frei­heits­marsch für Frei­heit, Demo­kra­tie und Grund­rech­te“ in Bewe­gung setz­te, von fünf jun­gen Leu­ten im Kampf­an­zug kon­trol­liert. Der Grund: Ich trug kei­ne Mas­ke. Sie frag­ten mich, ob ich eine Mas­ken­be­frei­ung habe. Ich bejah­te dies, hän­dig­te auf Auf­for­de­rung mei­nen Per­so­nal­aus­weis aus und woll­te die digi­ta­le Kopie der Mas­ken­be­frei­ung vor­zei­gen, die ich auf mei­nem Smart­phone gespei­chert habe. Die digi­ta­le Kopie vor­zu­zei­gen, wur­de mir aller­dings nicht gewährt. Die Begrün­dung lau­te­te, es gel­te nur das Ori­gi­nal des Arzt­brie­fes. Die­se Auf­la­ge hät­te die Behör­de (wel­che, wur­de nicht gesagt, ich ver­mu­te, es war das Ord­nungs­amt von Erbach) ver­hängt. Da ich kein Ori­gi­nal dabei hat­te, wur­de ich auf­ge­for­dert, eine Mas­ke zu tra­gen oder mich frei­wil­lig zu ent­fer­nen, um nicht an der Demons­tra­ti­on teilzunehmen.

Da ich der Auf­fas­sung bin, daß mein grund­ge­setz­lich garan­tier­tes Demons­tra­ti­ons­recht wesent­lich höher zu bewer­ten ist als das feh­len­de Ori­gi­nal einer Beschei­ni­gung, habe ich mich ent­schie­den zu blei­ben. Das digi­ta­le Doku­ment wäre auf dem Foto als Ori­gi­nal erkenn­bar gewe­sen. Auch hät­te ich durch­aus ver­stan­den, wenn mir die Auf­la­ge erteilt wor­den wäre, inner­halb einer bestimm­ten Frist bei den Ord­nungs­be­hör­den der Stadt Erbach das Ori­gi­nal­do­ku­ment vorzulegen.

Mei­ne offen­sicht­li­che Hal­tung, den Sam­mel­platz nicht zu ver­las­sen, hat­te einen Platz­ver­weis zur Fol­ge, der mit der übli­chen Gewalt (fünf jun­ge Per­so­nen im Kampf­an­zug) durch­ge­setzt wur­de. Ich wur­de dar­an gehin­dert, mein Demons­tra­ti­ons­recht wahr­zu­neh­men. Die Maß­nah­me wur­de been­det, nach­dem ich in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rich­tung abge­führt und eini­ge hun­dert Meter vom Demons­tra­ti­ons­zug ent­fernt frei­ge­las­sen wurde.

Ich bin dann in Rich­tung mei­nes Hau­ses gelau­fen und traf auf dem Heim­weg auf das Ende des Frei­heits­marsch-Zuges. Ich bin mit eini­gem Abstand dem Abschluss­fahr­zeug gefolgt. Die­ses und ande­re Poli­zei­fahr­zeu­ge blie­ben dann ste­hen und es öff­ne­ten sich Türen. Her­aus kamen zahl­rei­che jun­ge Leu­te im Kampf­an­zug, die mut­maß­lich (ich habe es nur gehört, nicht gese­hen) eine älte­re Dame über­wäl­tig­ten und zu Boden war­fen – war­um auch immer. Ein älte­res Ehe­paar aus Erbach war so ent­setzt, daß es laut­stark den jun­gen Leu­te im Kampf­an­zug ihren Pro­test zurief. Es sind Wor­te gefal­len wie „das sind doch alte Leu­te“ und „ihr seid Feig­lin­ge“. Dar­auf­hin bezo­gen die jun­gen Leu­te im Kampf­an­zug gegen­über dem älte­ren Ehe­paar Stel­lung. Es grenzt an ein Wun­der, daß nicht einer von Ihnen vor Schreck starb.

Ich bin zu dem Ehe­paar hin­ge­gan­gen und habe ihnen von hin­ten in Rich­tung der jun­gen Leu­te im Kampf­an­zug zuge­ru­fen, sie soll­ten weg­ge­hen, es hät­te kei­nen Zweck etwas zu sagen, denn „sie haben hier die Macht und die Knüp­pel, was auch immer durch­zu­set­zen, auch wenn es offen­sicht­li­ches Unrecht ist“. Hin­zu kam dann eine jun­ge Frau im Kampf­an­zug, die mich erkann­te; sie defi­nier­te mein Ver­hal­ten als Miß­ach­tung ihres Platz­ver­wei­ses. Zum Glück für das älte­re Ehe­paar kon­zen­trier­te man sich jetzt auf mich. Mir wur­de wie­der ein Platz­ver­weis aus­ge­spro­chen und noch­mals Haft ange­droht. Dar­auf sag­te ich ihnen, ich sei aus den­sel­ben Grün­den in der „DDR“ inhaf­tiert wor­den; wenn sie mich mit der der­zeit übli­chen Gewalt ein­sper­ren woll­ten, so kön­ne ich es nicht ver­hin­dern, trotz­dem sei es und blei­be es Unrecht. Die Maß­nah­men gegen das älte­re Ehe­paar und gegen mich, der ich eigent­lich auf dem Heim­weg war, hat­ten zur Fol­ge, daß ich mich jetzt ent­schied, nun doch an der Demons­tra­ti­on teil­zu­neh­men – trotz Platzverweis.


Begründung

Wenn wir bereits bei einer solch klei­nen Poli­zei­maß­nah­me (gut fünf jun­ge Per­so­nen im Kampf­an­zug sind kein Kin­der­gar­ten) ein­kni­cken, wei­chen wir, statt unse­re Grund­rech­te zu ver­tei­di­gen, vor dem Tota­li­ta­ris­mus. Aber vor allem habe ich die Hoff­nung, daß die jun­gen Leu­te in ihren Kampf­an­zü­gen sehen, daß da jemand nicht vor ihnen weg­bleibt, weil er sei­ne Wer­te, sei­ne berech­tig­ten guten Wer­te, sei­ne Grund­rech­te ver­tei­digt. Viel­leicht denkt der eine oder ande­re die­ser jun­gen Men­schen etwas nach. Auf die mehr­fa­che Ansa­ge der jun­gen Leu­te im Kampf­an­zug: „Wir machen nur unse­re Arbeit“ ant­wor­te­te ich: „Nein! Es gibt kein Recht auf Gehor­sam.“ Ich for­der­te sie auf, sich ein­mal mit Han­nah Are­ndt zu beschäftigen.

An dem Frei­heits­marsch für Demo­kra­tie und Grund­rech­te nah­men neben mei­ner Frau auch eini­ge unse­rer Kin­der teil. Es war mir auch wich­tig, ihnen zu zei­gen, daß wenn der Staat Unrecht mit Hil­fe jun­ger Leu­te im Kampf­an­zug durch­set­zen will, fried­li­cher Wider­stand durch­aus Gren­zen auf­zei­gen kann. Aber auch mei­nem Gewis­sen gegen­über war es mir wich­tig, Stand­haf­tig­keit zu zei­gen, wenn man mit Über­macht im Kampf­an­zug gegen fried­li­che Demons­tran­ten vor­geht.
Einem mög­li­chen Ver­fah­ren ste­he ich gelas­sen ent­ge­gen. Ich wer­de sämt­li­che Rechts­mit­tel nut­zen und hof­fe (noch) auf den Rechts­staat, der auf grund­ge­setz­li­cher Basis urteilt. Soll­te es zu einer Ver­ur­tei­lung mei­ner Per­son kom­men, nur weil ich ledig­lich ein digi­ta­les Doku­ment wäh­rend der Kon­trol­le durch jun­gen Leu­te im Kampf­an­zug dabei hat­te, so wird es zei­gen, daß der Staat, mein Hei­mat­land, noch tota­li­tä­rer wird.

Ich bin prin­zi­pi­ell davon über­zeugt, daß die Mas­ken­pflicht ein tota­li­tä­res Instru­ment des Staa­tes ist. Er hat dies auch heu­te bewie­sen, indem er eine Mas­ken­pflicht für den Frei­heits­marsch in Erbach ange­ord­net hat. Das ein­zi­ge Ziel besteht dar­in, die Teil­neh­mer zu ernied­ri­gen. Es gibt kei­ne wis­sen­schaft­li­che Begrün­dung, es ist rei­ne Will­kür. Zahl­rei­che Poli­ti­ker haben sich bereits ent­spre­chend geäußert.

Trotz die­ser mei­ner fes­ten Über­zeu­gung ist mei­ne Befrei­ung von der Pflicht, eine Mas­ke zu tra­gen, tat­säch­lich eine aus medi­zi­ni­schen Gründen.

Die jun­gen Leu­te im Kampf­an­zug waren kei­ne Poli­zis­ten. Poli­zis­ten gehen nicht gegen fried­li­che Demons­tran­ten vor, bei denen ein klei­ner Man­gel vor­liegt, der einer will­kür­li­chen tota­li­tä­ren Anord­nung wider­spricht. Poli­zis­ten han­deln im Sin­ne der Bür­ger wie es schwei­zer Poli­zis­ten hier aufzeigen.


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